Vertrauenswürdigkeit
Es wird dieser Tage viel schwadroniert über Vertrauenskrisen, darüber, Vertrauen aufzubauen oder Vertrauen zurückzugewinnen. Es gibt z.B. einen Vertrauensindex, der das Vertrauen in bestimmte Berufsgruppen abbildet. Demnach führen „weltweit“ (27 Länder) Feuerwehrleute, Krankenschwestern/-pfleger, Lehrer, Ärzte und Apotheker das Ranking an, die Schlusslichter sind Rechtsanwälte, Werbefachleute, Versicherungsvertreter, dann Bürgermeister und die rote Laterne haben die Politiker.
Das alles geht für mich an der Sache völlig vorbei.
Wir vertrauen z.B. unserem Hausarzt, den wir seit vielen Jahren kennen und mit dem wir viele positive Erfahrungen gemacht haben, aber nicht seinem Kollegen ein paar Häuser weiter, den wir nicht persönlich kennen, von dem wir aber schon ein paar negative Geschichten gehört haben. Wir vertrauen vielleicht unserem Versicherungsfachmann, den wir schon eine Weile kennen und der sich für unsere Bedürfnisse bewährt hat, sind aber skeptisch dem ganzen Berufsstand gegenüber eingestellt, weil wir schon etliche negative Vorfälle in der Zeitung oder im Netz gelesen haben. Und selbst, wenn wir unserem Hausarzt vertrauen, wie sähe das im Fall einer seltenen, schweren Erkrankung aus, die unser Arzt noch nie behandelt hat? Ist er dann immer noch der Arzt „unseres Vertrauens“? Würden wir unserem Versicherungsfachmann vertrauen, wenn er uns Tipps zu Beziehungen, Erziehung, Scheidung oder Trauerbewältigung gibt?
Vertrauen ist etwas, das wir vom anderen geschenkt bekommen, wenn wir uns dessen als würdig erweisen.
Ich sehe ein Problem heute eher in der Vertrauensseligkeit vieler Menschen, die Vertrauen zu schnell, zu leichtfertig verschenken und dadurch Dilettanten, Scharlatanen, Halsabschneidern und Betrügern auf den Leim gehen.
Was wir tatsächlich beeinflussen können ist nicht das Vertrauen, das wir geschenkt erhalten, sondern unsere eigene Vertrauenswürdigkeit und wie wir die der andern einschätzen.
Vertrauenswürdigkeit lässt sich an drei Faktoren festmachen:
- Kompetenz in der Angelegenheit, um die es geht
- Ehrlichkeit in allen die Sache betreffenden Aussagen und
- Verlässlichkeit in allen Vereinbarungen und Zusagen, die wir tätigen.
Was ist unsere Aufgabe und unser Ziel in diesem Sinne?
- Unsere eigene Vertrauenswürdigkeit zu stärken, durch sicht- und erlebbare Steigerung unserer Kompetenz in unserem Fachgebiet, sowie durch absolute Ehrlichkeit und Zuverlässigkeit.
- Unser eigenes Vertrauen nur Menschen zu schenken, die ihre Kompetenz, Ehrlichkeit und Zuverlässigkeit unter Beweis gestellt haben. Das ist sicher nicht immer einfach, aber unabdingbar, bevor wir blind den Empfehlungen von Ärzten, Rechtsanwälten, Beratern oder Finanzdienstleistern folgen.
Ein letzter, wirkmächtiger Tipp: Wer zu seinen Fehlern und Schwächen steht, wer sich dem anderen gegenüber verletzlich macht, tut einen großen Schritt, seine Vertrauenswürdigkeit unter Beweis zu stellen. Und auch in der Folge zu erfahren, wie vertrauenswürdig der andere ist.
Wie ist Ihre Meinung dazu? Welche Erfahrungen haben Sie mit der Vertrauenswürdigkeit von anderen gemacht?
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Wunderbar auf den Punkt gebracht und ein guter Denkanstoß, die eigene Vertrauenswürdigkeit und den eigenen Umgang mit Vertrauen im Allgemeinen zu überdenken. Danke! LG Trina