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„Was kann ein Verhaltenstraining bewirken?“

17/12/2015

group of smiling businesspeople meeting in officeSorry, aber die Frage ist ungefähr genauso dämlich wie die Frage, was Lauf- oder Krafttraining bewirken kann. Die naheliegende und weithin bekannte Antwort ist:

„Bei ausreichender Übung enorm viel.“

Fast jeder Hänfling kann zum Arnie werden, fast jede Couch-Potato zur Marathonläuferin und fast jeder introvertierte Mensch kann sich extrovertierte Verhaltensweisen aneignen, da wo sie ihm helfen, die persönlichen Ziele leichter und schneller zu erreichen. Natürlich ohne dadurch zu einem extrovertierten Menschen zu werden.
Auch kundenorientiertes Verhalten in Führung und Verkauf, sowie Vorgehensweisen für klar umrissene Arbeitssituationen sind erlern- und trainierbar. Voraussetzung ist allerdings bei jeder dieser Trainingsmöglichkeiten die Motivation und Disziplin, eine ausreichende Anzahl von Wiederholungen auch tatsächlich zu praktizieren, zu trainieren, zu üben.

Informationsaufnahme und -verarbeitung der TeilnehmerInnen
Was anfangs bei nicht wenigen Teilnehmern als reines „Streaming“ der Inhalte beginnt (gehört und gleich im Anschluss vergessen), wird erst durch den motivierten und aufmerksamen 21 bis 30fachen* „Upload“ von Gesprächsstrukturen, Bewegungs- und Gesprächsabläufen im RAM (Arbeitsspeicher) zwischengespeichert und nur bei Wiederholungen in nützlicher Frist (72 Stunden zwischen den einzelnen Übungen) der dauerhaften Ablage im ROM (Festplattenspeicher) zugeführt, bis es dann heißen kann: „Installation der neuen Software fertiggestellt“, „Betriebssystem upgedatet.“

Anders als in diesem computerisierten Vergleich hilft unserem menschlichen Datenspeicher Hirn auch die Koppelung der Informationen an Emotionen und die Aufnahme derselben Aussagen über verschiedene Sinneskanäle. Ich habe z.B. TeilnehmerInnen, die sich auch nach 15 oder 20 Jahren an Kernaussagen der Trainings erinnern, weil es dazu eine unterhaltsame Anmoderation, praktische Übungen, Gruppenübungen, Training von Praxissituationen und aussagekräftige Unterlagen gab.

Die Lernmotivation der TeilnehmerInnen …
… und damit die Bereitschaft, neue Ideen und Vorgehensweisen aufzunehmen und auszuprobieren ist sehr unterschiedlich. Dazu kommen noch unterschiedliche Lernstile, sowie, bei einigen der Anwesenden, die Angst, „Fehler“ vor den anderen zu machen. Welche Haupttypen an Lernmotivation treffen wir in der Trainingspraxis an?

Geschftsmann zeigt Daumen hoch1. Einstellung: Irgendwas nimmt man immer mit und schon für eine gute Idee hat es sich gelohnt, dabei zu sein!
Jackpot für jede(n) TrainerIn. Das sind Menschen, die einfach Spaß daran haben, zu lernen und sich weiterzuentwickeln. Neue Inhalte, Sicht- und Vorgehensweisen werden generell und selbstständig darauf abgeklopft, ob diese sich sinnvoll anhören und welchen Nutzen man wohl daraus ziehen kann. Die Größe dieser Teilnehmergruppe ist Pi mal Daumen 20%, wobei der Anteil bei Gruppen mit Top-Führungskräften und Top-Beratern deutlich höher liegt.

Businessman's hands put on the desk2. Einstellung: Schaumerma, vielleicht ist was dabei. Hoffentlich ist es nicht allzu langweilig.
Eine Nagelprobe für Didaktik, Pädagogik und die Unterhalterqualitäten des/der TrainerIn. Dies ist eine große Gruppe von TeilnehmerInnen, im Schnitt 60%, die eine mehr konsumorientierte Haltung haben, sich unterhalten und überzeugen lassen wollen. Es soll vor allem Spaß machen und nützlich sein. Der Nutzen und somit der Zusammenhang mit der Verbesserung konkreter Arbeitssituationen muss permanent für sie nachvollziehbar hergestellt werden.

Krpersprache3. Einstellung: Hoffentlich kann ich eine spezielle Lösung mitnehmen
Etwa 10%, TeilnehmerInnen kommen mit einer konkreten Erwartung und Problemstellung, für die sie eine Lösung suchen. Ein Hindernis dabei kann sein, dass sie ihre Problemstellung zu Anfang nicht vor der Gruppe preisgeben wollen, weil sie das Gefühl haben, dass dadurch ihre Kompetenzzuschreibung leiden könnte. Hier ist Kommunikationskompetenz und Einfühlungsvermögen des Trainers gefragt, damit die Teilnehmer sich sicher, verstanden und wertgeschätzt fühlen, um sich vor der Gruppe zu öffnen.

Geschftsmann mit verschrnkten Armen

4. Einstellung: Alles Theorie, was soll da schon kommen.
Und – denen werde ich es schon zeigen, dass die Probleme, für die ich seit Jahren keine Lösung gefunden habe, nicht zu lösen sind. Und wenn wider Erwarten doch, dann habe ich da noch ein paar ganz krasse Probleme in petto.

Die Top-Herausforderung für jeden Lehrenden, die die Würze des Trainerlebens ausmacht. Diese Teilnehmer (zu 99% sind es keine -Innen), i.d.R. nur etwa 10% der Gruppe, sind nur dabei, weil sie geschickt wurden, das Training obligatorisch im Unternehmen ist oder es einfach den Besuch irgendwelche Seminare für interne Weiterbildungspunkte braucht. Oft glauben sie, bereits alles zu kennen, zu können und schon erlebt zu haben.

Typische Aussagen dieser Teilnehmergruppe:

„Das ist doch alles Theorie.“
Dazu lässt sich konstatieren, dass alles Theorie ist, was nicht getan wird. Erst durch ausprobieren und einüben wird es zu Praxis. Hier helfen Beispiele aus der Erfahrung des Trainers, und das der/die/das Lehrende die von ihm/ihr propagierten Verhaltens- und Kommunikationsweisen auch selbst im Umgang mit den Teilnehmenden praktiziert.

„Ein Rollenspiel ist keine Praxis.“
Das stimmt. Allerdings stelle ich immer wieder fest, dass, vorausgesetzt das Rollen-“spiel“ ist realitätsnah gestaltet ist, die allermeisten Teilnehmer spätestens nach 30 Sekunden aufhören das zu präsentieren, was sie für sozial erwünschtes Verhalten halten und die eigenen Kommunikationsgewohnheiten sich Bahn brechen. Insofern sind diese Praxisübungen meistens eben doch sehr aussagekräftig.

„Ich mache generell keine Rollenspiele mit.“
Es geschieht nicht häufig, dass Teilnehmer mit dieser Einstellung in Trainings auftauchen, aber es kommt vor. Nun ist ein Training mit Erwachsenen keine Drill-Veranstaltung und der Trainer sollte sich hüten, wie ein Diktator aufzutreten – selbst der verhaltensoriginellste Selbstdarsteller kann dann noch Solidarisierungseffekte in der Gruppe auslösen.

Das bedeutet, dem Teilnehmer diese Wahlfreiheit zu lassen, ohne den Versuch aufzugeben, ihn einzubinden und wiederrum aufzufordern, nachdem er hoffentlich erlebt hat, dass die Übungen vor der Gruppe praxisnah sind und wohlwollend, sowie hilfreich analysiert werden.

Allerdings sage ich auch manchmal: „Erfolg ist freiwillig“ und wer partout nicht will, der hat schon.

Oder wie der ehemalige Bundesminister für Wirtschaft und Finanzen, Karl Schiller, auf die Frage eines Journalisten: „Warum funktioniert Ihr Konjunkturprogramm nicht?“ antwortete: „Wir können die Pferde zur Tränke führen. Saufen müssen sie selber.“

Allerdings ist dieser Typ Teilnehmer sehr selten. Vor allem, seit ich meine Trainings i.d.R. mit dem Modul „Lernhindernisse und Lösungen“ beginne, das anhand von Übungen und Beispielen aufzeigt, was zwischen einem Menschen und dem Lernerfolg steht: Unsere Handlungsgewohnheiten, die Denkgewohnheiten und Vorurteile, die Grenzen unseres Vorstellungsvermögens und unser Selbsterhaltungstrieb. Und wie wir diese Hindernisse überwinden können.

Es gibt nur zwei gute Gründe, neue Verhaltensweisen nicht auszuprobieren: das Verhalten /Vorgehen ist nicht zielführend und/oder widerspricht unseren Werten. Gewohnheiten, menschliche Beschränktheit und Angst zählen nicht dazu.

Albert Einstein sagte dazu: „Die Definition von Wahnsinn ist, immer wieder das Gleiche zu tun und trotzdem andere Ergebnisse zu erwarten.“

Der/die TrainerIn hat also die Aufgabe, möglichst alle TeilnehmerInnen einzubinden
nützlich und praxisnah, offen und trotzdem strukturiert, interessant und gehirngerecht, als auch fordernd und fördernd. Dass alles verbunden mit einem guten Methodenmix aus Gruppenübungen und Dialogübungen mit Praxisbezug, Beispiele die den Erkenntniswert steigern, Präsentationselementen, Einzelübungen, Erkenntnis- und Bewegungsabfragen, sowie hilfreichem Feedback.

Es ist ein beständiger Wechsel zwischen der Interaktion mit der Gruppe, den Einzelpersonen, der Didaktik, der Struktur, den Inhalten und den Wechselbeziehungen der Gruppenmitglieder untereinander.

Was können Sie als Teilnehmer tun, um mehr von einer Trainingsteilnahme zu profitieren?
Bitte überlegen Sie vor dem Training, für welche Situationen in Ihrer Praxis Sie sich zusätzliche Ideen und Lösungen wünschen. Möglicherweise können Sie durch Zuhilfenahme von Praxisbeispielen und /oder Messgrößen sogar konkrete Ziele formulieren. Vielleicht kann Ihnen auch Ihre Führungskraft dabei Anregungen oder Unterstützung geben.

Was können Sie als Auftraggeber tun, um noch bessere und nachhaltigere Resultate aus Ihren Trainingsmaßnahmen zu erhalten?
Zum einen dadurch, dass Sie die Einbindung der Führungskräfte in den Vorbereitungs- und Umsetzungsprozess obligatorisch machen.
Hilfreich wäre, vor jedem Trainings- oder Schulungsbesuch eines Mitarbeiters ein Gespräch über die gewünschten Resultate zu führen, sowie nach der Rückkehr ein Resümee zu ziehen:
Was waren Ihre wichtigsten Erkenntnisse aus dem Seminar / Training um das vorher formulierte Ziel / Resultat zu erreichen?
Was war Ihnen zusätzlich wichtig? Wie werden Sie den Erfolg der Umsetzung messen?
Wie gehen Sie die Zielerreichung an?
Welche Unterstützung wünschen Sie sich dabei?
Konkreter Verbleib mit Meilensteinen und weiteren Gesprächen auf dem Weg zur Zielerreichung

Zum anderen – investieren Sie in sequentielle Trainingsmaßnahmen!
Wenn zwischen den Trainingstagen 3 bis 4-wöchige Praxis- und Umsetzungsphasen liegen (bei 2-Tagesblöcken gerne auch 4-6 Wochen) und jeder Folgetag (oder -block) mit einem Erfahrungsaustausch und einer Fragenklärung beginnt, werden Sie außerordentlich mehr Umsetzungsresultate erhalten.

Viel Spaß und viel Erfolg bei Ihrem nächsten Training!

* 21-30fach ist ein Mittelwert, der für ca. 60% der Lernenden zutrifft. Gemäß der „Gaußschen Normalverteilungskurve“ brauchen etwa 20% der Menschen weniger, und weitere 20% mehr Wiederholungen.

From → Führung, Verkauf

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