Die Gebote der Freundschaft
In Zeiten von Fazebuck sollte die Frage erlaubt und wichtig sein, was einen Freund, eine Freundin ausmacht, wie Freundschaften entstehen und gepflegt werden sollten, was sie häufig beendet. Jugendliche haben im Schnitt 270 Fazebuckfreunde, was jedoch nichts daran ändert, dass die meisten Menschen 1 bis 2 „beste“ Freunde und höchstens 5 „enge“ Freunde haben. Als „beste“ Freunde kommen dabei nur Menschen in Frage, die uns in unserer Identität, unserem Selbstbild und unseren zentralen Rollen anerkennen und bestätigen. Offenbar wählen wir unsere Freunde nicht danach aus, wie toll sie sind, sondern weil sie uns das Gefühl geben, toll zu sein. Eine repräsentative Umfrage im Auftrag der Uni Chemnitz kommt im Schnitt sogar nur auf knapp 3 Kontaktpersonen, mit denen wir persönliche Gedanken und Gefühle teilen.
Dauerhafte Freundschaften sind zwischen Angehörigen des gleichen Geschlechts und der gleichen Ethnie wahrscheinlicher, als wenn sich diese Punkte unterscheiden. Frauen erwarten von Freundschaften zumeist mehr Intimität und entwickeln ein engeres Vertrauensverhältnis. „Typisch“ weiblich sind demnach Face-to-Face-Freundschaften bei denen der persönliche Austausch und die emotionale Unterstützung im Zentrum stehen. Männer dagegen …
…pflegen häufiger Side-by-Side-Freundschaften, unternehmen etwas zusammen und leisten sich gegenseitig praktische Hilfe.
Den Grundstein zu einer Freundschaft legen meist räumliche Nähe, häufige Kontakte, soziale Kompetenz, Gemeinsamkeiten, Sympathie und wechselseitige Selbstoffenbarungen. In den frühen Stadien einer Freundschaft ist wichtig, dass beide etwas Persönliches von sich preisgeben. Nur wenn beide dazu bereit sind, ein gewisses Risiko einzugehen, kann sich Vertrauen entwickeln. Ein zu früher „Seelenstriptease“ beim ersten oder zweiten Treffen wirkt zumeist eher befremdlich. Räumliche Veränderungen, Familien(neu)gründung sowie Verstöße gegen Verhaltensnormen können Freunde entzweien. Ein zentraler Punkt, an dem viele Freundschaften scheitern, ist der Versuch, Ungereimtheiten im Sinne der Konfliktvermeidung auszuklammern und einem Gespräch darüber auszuweichen. Eine zügige, aktive, offene und konstruktive Ansprache ist für den Erhalt der Freundschaft deutlich erfolgversprechender.
Die Gebote der Freundschaft:
01. in schlechten Zeiten Hilfe anbieten
02. Kontakt halten und sich füreinander Zeit nehmen
03. persönliche Gedanken und Gefühle offenbaren
04. Anvertrautes für sich behalten
05. üblicherweise zur guten Laune beitragen
06. den anderen in seiner sozialen Zugehörigkeit bestätigen
07. zuhören, Aufmerksamkeit schenken
08. seelische Unterstützung geben
09. vor Kritik anderer in Schutz nehmen
10. Neuigkeiten teilen
11. Rat einholen
12. gemeinsam etwas unternehmen
13. miteinander scherzen
14. negative Kommentare vermeiden, außer wenn Offenheit gefordert ist, um dem anderen zu helfen oder Konflikte konstruktiv zu lösen
15. Freiräume und andere Freunde sowie den Partner respektieren
Freundschaften haben für uns einen großen Nutzen – sie dienen uns als seelische und praktische Stütze, bestätigen uns in unserem Wert und vermitteln das Gefühl der Zugehörigkeit. Noch dazu, das haben zahlreiche Studien gezeigt, halten Freunde gesund, senken das Risiko für Bluthochdruck und Depressionen und verlängern sogar das Leben. Freunde sind die Familie, die wir uns selber ausgesucht haben.
„Freunde verdoppeln die Freude und halbieren das Leid.“ Francis Bacon 1625
Zitiert, komprimiert und überarbeitet aus Gehirn und Geist, Nr. 5/2013, Autorin Sarah Zimmermann