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Leistungsträger im Unternehmen als A-Kunden der Dienstleistung Führung

15/11/2012

Der Mensch ist Mittelpunkt vs. Der Mensch ist Mittel. Führen als motiv- und bedürfnisorientierte Dienstleistung für Mitarbeiter vs. Bestechen, bedrohen, bestrafen, belobigen, belohnen. Einzigartigkeit und Individualität vs. Zuviel Trott macht Trottel. Die Führungskraft als Vorbild vs. Beispiel. (Inhalt des Vortrages vom 14.11.12 beim VGA in Düsseldorf)

Was macht einen Mitarbeiter zum Leistungsträger?

Leistungsträger sind
– hoch qualifiziert und überdurchschnittlich engagiert

– erzielen hervorragende Ergebnisse ( lt. St. Jobs ca. 30 – 50% mehr als Schnitt)
– hohe Sozialkompetenz
– Bereitschaft Verantwortung zu übernehmen

– ca. 3-5% der Mitarbeiter eines Unternehmens

(Quelle. Havard Business Manager, Artikel: Vergesst die Leistungsträger nicht! von G. Happich)

Aktuelle Beobachtungen:
Der Mensch ist Mittelpunkt vs. Der Mensch ist Mittel.
Die Personengruppe, in die nach meiner Erfahrung viel Zeit, Energie und Geld investiert wird, sind nicht die Leistungsträger sondern eher die Leistungsträgen, die Minderleister oder Olympioniken, die nach dem Motto arbeiten: „Dabei sein ist alles“. Hier handelt es sich wohlgemerkt nicht um die Mitarbeiter, die in der Einarbeitung zu neuen Aufgaben sind und die zwar wollen, aber noch nicht wissen oder können. Sondern um die, die könnten, aber nicht wirklich wollen, weil sie sich in den kuschligen Wohlfühloasen, gezimmert aus Garantien, Zuschüssen und Grundversorgung wunderbar eingerichtet haben. Verwöhnt statt gefordert.

Den Leistungsträgern stinkt das gewaltig. Sie selbst bilden den höchst aktiven Teil des „human capitals“ des Unternehmens und die herausragenden Spitzen des Produktionsfaktors Arbeit. Oft mehr gefordert als gefördert. Mit zunehmender Tendenz – denn an wen denkt die Führungskraft zuerst, wenn eine neue Aufgabe in sehr guter Qualität erledigt werden soll?

Führen als motiv- und bedürfnisorientierte Dienstleistung für Mitarbeiter vs. Bestechen, bedrohen, bestrafen, belobigen, belohnen.
Das Führung die Aufgabe hat, mit Hilfe von Mitarbeitern Beiträge zu den Unternehmenszielen zu erwirtschaften, ist vielen klar. Das sie jedoch auch eine Dienstleistung für die Mitarbeiter ist mit dem Ziel, dass dieser erfolgreich nach seinem Bild werden kann, diese Einstellung ist nicht so weit verbreitet. Wenn Führung nicht bedarfsgerecht ist, wird sie nicht „gekauft“, sprich, der Mitarbeiter lässt sich nicht führen. Jeder Einsatz von Führungsinstrumenten sollte den Nutzen des Mitarbeiters im Auge haben. Jede Kontrolle, jede Arbeitssitzung soll und kann Nutzen für den Mitarbeiter produzieren, sonst ist sie überflüssig.

Bei dem Kunden draußen klappt das i.d.R. prima, denn wir wissen – bieten wir keinen Nutzen, verlieren wir ihn! So gibt es Lebensphasenkonzepte, hohe Flexibilität in den Produkten, umfangreiche Wahlmöglichkeiten, etc. Bei unseren internen A-Kunden der Dienstleistung Führung klappt das bei weitem nicht so gut. Außer Wettbewerben, Incentives und noch mehr Schmerzensgeld fällt vielen Unternehmen da nicht ein. Und die Verrückten, die ausschließlich für Geld arbeiten, werden auch immer weniger. Zu viel Geld kann sogar den Spaß an der Arbeit vergällen (siehe Beispiel). Zudem fällt mir gerade in letzter Zeit immer häufiger auch bei jungen Führungskräften in den 30 Jahren auf, dass Zeit für sich und seine Lieben zu haben, immer häufiger zur Erfolgsdefinition dazu gehört.

Einzigartigkeit und Individualität vs. Zuviel Trott macht Trottel.
Nach meinen Beobachtungen ist auch dieser Anspruch etwas, dass bei unseren externen Groß- und A-Kunden sehr gut funktioniert. Jedoch nur selten bei unseren internen Top-Kunden. Obwohl viel geredet wird über den Wettbewerbsvorteil der außerordentlichen Mitarbeiterqualifikation, da dieser nicht oder zumindest nicht so schnell und einfach kopiert werden kann wie ein neues Produkt. Was ich erlebe: Viele unserer Spitzenkönner haben eine Menge Ideen, wie Leistungshindernisse beseitigt werden könnten. Leider haben diese dann auch ruck zuck den Stempel „Querulant“ auf der Stirn, weil sie den Trott der anderen stören.

Die Führungskraft als Vorbild vs. Beispiel.
Beispiel sind wir immer, Vorbild nicht ganz so oft. (siehe auch:  Glaub-würdigkeit in der Führung und Mitarbeitermotivation)

Dazu ein Ausschnitt aus dem Artikel Kultur-Werte-Doppelmoral-Regeln – Unternehmertum Teil4

Oft genug dienen die “Großkopferten” in Politik und Wirtschaft als Beispiele, geben aber leider keine guten Vorbilder mehr ab. Ich las z.B. vor etlicher Zeit von einer Untersuchung, die einen direkten Zusammenhang zwischen nicht dem Geschäftserfolg angemessenen Bonifikationszahlungen für die “oberen Etagen” und der Diebstahlhäufigkeit in den Fabriken und Büros zeigte. Und es gibt kaum ein effektiveres Vorgehen, die Motivation und damit das Engagement der Mitarbeiter zu beschädigen, als Werte, Regeln und Ziele zu kommunizieren und sich selber nicht daran messen zu lassen.  Ganz zu schweigen von der inneren Selbstpensionierung der frustrierten Mitarbeiter, die sich entweder dem “LmaA”-Prinzip verschreiben oder sich noch irgendwie über die Runden quälen und dabei oft genug krank an Leib und Seele werden.“

Prognosen/Schätzungen:

Bis 2025 werden bis 6,5 Millionen Arbeitskräfte fehlen, darunter 2,4 Mio. Akademiker. (Quelle: Studie „Wettbewerbsfaktor Fachkräfte“, McKinsey, 2012)

Was kostet Ihr Unternehmen die Akquisition, Selektion und Einarbeitung eines neuen Mitarbeiters?

Das  „manager-magazin“  sagt aufgrund der Verknappung geeigneter Fachkräfte eine Steigerung der Kosten pro Einstellung von derzeit 20 auf 60 T€ voraus.

Zuzüglich der Einarbeitung mit den Lohn- oder Zuschusskosten, den anteiligen Kosten der Führungskraft, ggf. Ausbildungskosten zuzüglich etwaiger Sozialabgaben zu Buche.

Welche indirekten Kosten entstehen durch die unerwartete Kündigung eines Leistungsträgers?

Laut nicht repräsentativen Aussagen von mehreren Personalverantwortlichen großer Unternehmen etwa das dreifache eines Jahresgehalts.

Fazit auf Basis der Beobachtungen und Prognosen:

Die Anwerbung, Bezahlung und „Pflege“ von Leistungsträgern wird aufwendiger und kostspieliger.

Die Anforderungen an die Dienst-leistung „Führung“ werden höher.

Verbale Offenheit bei gleichzeitiger Verhaltensstarre akzeptieren unsere Leistungsträger nicht! Oder lassen sich ein deftiges Schmerzensgeld zahlen.

Und – eine Führungskraft ist kein Politiker, wo das Erzählte reicht und nicht das Erreichte zählt.

Vorschläge:

Der Mensch ist Mittelpunkt – Zeit, Respekt, Interesse, Wertschätzung

So banal wie wirkungsvoll ist es, unser Interesse und unsere Wertschätzung durch Zeit und zuhören zu zeigen – Beziehungspflege ist angesagt, auch und gerade bei unseren Spitzenmitarbeitern (siehe auch: Wie können wir einen Menschen komplett verschwinden lassen? Oder in einen Hulk verwandeln?).

Eine Umfrage unter den Teilnehmern der „Akademie für Führungskräfte“ im Jahre 2001 brachte folgendes Ergebnis: Fast die Hälfte der Befragten hatte pro Woche nicht mehr als drei Stunden mit nicht fachbezogener Kommunikation mit allen Mitarbeitern verbracht.
Das sind je nach Führungsspanne ca. 2-3 Minuten pro Tag und Mitarbeiter. Das entspricht ungefähr der Zeit, die langjährig verbandelte Paare pro Tag miteinander sprechen, wenn wir die Zeiten abziehen, in denen über Geld, die Kinder oder den Urlaub gesprochen wird. Irgendwann hilft kein Schmerzensgeld mehr, egal ob in Form von Boni, Incentives, Haushaltsgeld oder Taschengeld.

Führen als Dienstleistung, Motiv- und Bedürfnisorientierung
Top-Mitarbeiter = A-Kunden

Zum einen sollte jedes Führungsinstrument einen konkreten Nutzen für unsere Mitarbeiter produzieren.  Beispiel: Kontrolle (Nettigkeit, die 2te: Lösungen Teil3.2, Kontrolle und konstruktive Kritik).
Zum anderen – Ziele fallen nicht vom Himmel, außer wir sind Pilot eines Jagdfliegers. Wir sollten genau in Erfahrung bringen –

Was sind die Träume, Wünsche, Ziele und Prioritäten unseres „high performers“?
Was treibt ihn an? (mehr dazu auch hier: Motivation – Folge3 – Wie wir uns selbst oder unseren Partnern auf die Schliche kommen …)

Ziele sollten vereinbart sein, damit sie die Funktion als gemeinsame Willenserklärung, ein sinnvolles, nützliches und konkretes zukünftiges Ergebnis zu erreichen, auch erfüllen können.
Wir brauchen Angebote für Sabbaticals, den Wiedereinstieg danach, Wiedereinstieg nach Elternzeit, etc. Wir brauchen auch hier Lebensphasenkonzepte, Flexibilität und Wahlmöglichkeiten. Unsere Leistungsträger halten wir eher über Freiräume und loslassen, als darüber, Druck auszuüben und sie mit Schmerzensgeld zuzukübeln. Beispiel: ich habe es bereits mehrfach erlebt, wie hoch effektiv alleinerziehende Elternteile bei flexiblen Arbeitszeitmöglichkeiten sein konnten.

Individualität zulassen

Unternehmer im Unternehmen ist ein Schlagwort. oft scheitert das am Primat der höher bezahlten Meinung (siehe auch: Demotivationsfaktor Vorgesetzter: Wie erziehe ich meinen Chef?)
Spielwiesen, Experimentierfelder für unsere Leistungsträger schaffen und bezahlen. Auch wenn das ein oder andere nicht klappt – es sind Weltunternehmen entstanden, weil Vorgesetzte die Ideen ihrer Mitarbeiter nicht verstanden haben – oder verstanden haben.
Beispiele Steve Jobs/Steve Wozniac Atari/HP, Beispiel Tupperware

Zu viel Regulierung ist das Ende der Innovation.

Vorbild – Zuverlässigkeit, Vertrauen

Niemand ist perfekt, auch keine Führungskraft. Obwohl immer wieder FK versuchen, diesen Anschein, der jeder Lebenserfahrung widerspricht, zu erwecken. Wichtig ist, dass wir ein Vorbild werden an Verbindlichkeit, Zuverlässigkeit und Loyalität – wir definieren durch unser Verhalten, was für Werte in einem Unternehmen gelebt werden. Es heißt ja auch: Es hat gar keinen Zweck, seine Kinder zu erziehen, sie machen einem ja doch alles nach. Das trifft zumindest teilweise auch auf unsere Mitarbeiter zu.

Behandeln wir unsere Leistungsträger als A-Kunden unserer Dienstleistung Führung!!!

Dieser Artikel gibt den Inhalt meines Vortrages vom 14.11.2012 beim 9.ten Rheinischen Versicherungstag in Düsseldorf im Hause der Provinzial Rheinland wieder. Die Folien dazu als pdf  finden Sie, neben anderen Veröffentlichungen und Präsentationen, auf der homepage www.protargis.de, oder direkt auf der download Seite

 

From → Führung

2 Kommentare
  1. Witte: Wir haben bei uns im Unternehmen fast jedes Arbeitszeitmodell, das es gibt. Im Kern geht es darum, eine lebensphasenorientierte Arbeitszeit zu vereinbaren. Bei uns arbeiten auch Führungskräfte in Teilzeit. Ein junger Single hat auf eigenen Wunsch eine 80-Prozent-Stelle. Daran sieht man: Die individuellen Wünsche der Arbeitnehmer folgen nicht immer üblichen Mustern. Unser Firmenslogan lautet „Individualität mit System“ Dabei definieren wir Familienbande als jeden, der für einen anderen Menschen eine Verantwortung trägt. Das umfasst eben nicht nur Partner und Kinder – sondern auch die zu pflegenden Eltern. Weil der Pflegefall unverhofft und plötzlich eintreten kann, bieten wir unseren Mitarbeitern dafür eine eigene Beratung im Unternehmen an. Bei der Arbeitszeitregelung gehen unsere Angebote über das Pflegezeitgesetz hinaus.

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