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Ein dreifach Hoch auf Ignoranz und Gleichgültigkeit …

05/11/2012

Der Ignorant ist verdammenswert, die Gleichgültigkeit ein Übel. Und Toleranz ist das, was der Welt gut tut – oder doch nicht? Lauschen wir diesen Worten mal nach und denken uns was dabei. Durch Begriffeln von Begriffen zum Begreifen – keine Angst, das tut i.d.R. nicht mal weh.

Die Ignoranz (lt. Wiki Unwissenheit, Beschränktheit) besagt, dass jemand etwas nicht kennt oder kennen will. Ein Ignorant ist somit jemand, der sich nicht um Wissen, Erkenntnis und Wahrnehmung bemüht und daher, ggf. absichtlich, unwissend bleibt. Obwohl als Schimpfwort und Vorwurf gemeint, kann eine partielle Ignoranz wahrhaft weise sein. Zu Zeiten der Universalgenies goetheschen Ausmaßes mag es ja noch sinnvoll gewesen sein, sich für fast alles zu interessieren, vieles zu studieren und sich zu etlichem davon zu äußern. Diese Zeiten sind rum. Heute tobt jeden Tag ein Informationstsunami über uns hinweg, der uns mitreißt, wenn wir uns ihm zu sehr nähern. Was kann das für eine Gnade sein, im Angesicht von Reizüberflutung, Konfliktausweitungen weltweit und der zunehmenden Geschwindigkeit des Narrenschiffs am Wind, die Menge und Qualität der aufzunehmenden Information vorsätzlich und bewusst zu beschränken auf Weniges, Wichtiges und Sinnvolles.

Z.B. das Fernsehen. Ich kann Werner Schneyder, den großartigen österreichischen Kabarettisten, Schriftsteller und Sportkommentator (z.B. Boxkampfexperte) nur noch sinngemäß zitieren: „Menschen leiten ihre Abwässer in Kanäle. Aus Kanälen kommt auch das Fernsehen.“ Was da teilweise an Sendungen mit bildungs- und einkommensfernen Laiendarstellern geboten wird, erreicht kaum das Niveau von Intelligenzansammlungen auf manchem Duschvorhang. Habe mir sagen lassen, das heißt heute „soft scripted reality“, wenn die vorgeführten Sozialwohnungsbaubewohner zwar nichts von dem erlebt haben, was da Thema der Sendung ist, aber es hätte so sein können, wenn man ein schlechtes Gedächtnis sein eigen nennt oder ein wenig zur Übertreibung neigt. Wer da seine Zeit vergeudet, ist schlimmer als jeder Ignorant.

Z.B. unsere Politikdarsteller. Was die so versprechen, ist sowohl an Qualität als auch Halbwertzeit eng verwandt mit dem, an das uns das „Ersprochene“ erinnert (hier gebührt die Urheberschaft Volker Pispers). Und diese unsäglichen Interviews, in denen uns entweder vorbereitete Statements vollkommen unabhängig von den gestellten Fragen um die Ohren gehauen werden, oder, mangels Vorbereitung, die unglaubliche Ahnungslosigkeit zur eitrigen Absonderung der immer gleichen Plattitüden führt. Keine Ahnung was jemand vorher geraucht haben muss, um bei solchen Aktionen nicht seine Selbstachtung zu verlieren. Vielleicht muss es nur lange genug gut gegangen sein, damit sich eine Überlegenheitsillusion gegenüber dem Otto-Normalbürger einstellt: „Alles Deppen außer mir.“ Ganz selten, dass selbst dreisteste Lügen und vorsätzlicher Betrug wirklich nachgewiesen werden können. Dann kommt es zu solchen Bonmots: Was ist die Steigerungsform von Kohl? Kohl, Köhler, verkohlen.

Oder wieder Werner Schneyder: „Wenn Karrieren schwindelnde Höhen erreichen, ist der Schwindel häufig nicht mehr nachzuweisen.“ Hier mal so ein seltenes Beispiel, wo es doch gelang: Hochverrat durch Schäuble (ich übernehme keine Gewähr für die Richtigkeit der justiziablen Behauptung Hochverrat in diesem Video)

Quellen: http://www.spiegel.de/video/video-von-geheimabsprache-schaeuble-sagt-mehr-hilfen-fuer-portugal-zu-video-1177520.html oder https://www.youtube.com/watch?v=n_rs9KyKZG4

Auch im Umgang mit vereinzelten Rückmeldungen unserer Umwelt kann Ignoranz die Beschränktheiten fehlender Denkfähigkeit, die absolute Selbstbezogenheit der um sich selbst kreisenden Egozentren und die Unebenheiten der sprachlich Unbedarften abfedern. In allen genannten Fällen wird Ignoranz zur reinen Notwehr.

Die Gleichgültigkeit, auch als rein negative Eigenschaft unter Verdacht, kann ebenso die höchste Sittlichkeit im Verhältnis zu Meinungen, Einstellungen und Verhaltensweisen anderer sein. Gleich-gültig dann eben nicht im Sinne von Indifferenz, Abgestumpftheit oder fehlendem Interesse, sondern im Sinne davon, dass das Fremde und Ungewohnte die gleiche Gültigkeit besitzen kann wie das Eigene und Gewohnte. Wir eben nicht reflexartig unsere dem Menschen eigene Vorurteilsfähigkeit fröhliche Urständ feiern lassen. Nicht gleich werten, bewerten, abwerten, abschieben.

Die Toleranz hingegen (aus dem lateinischen „tolerare“ gleich erdulden, eine Differenz ertragen) wird gemeinhin als etwas sehr Positives gesehen. Laut Wiki ist die Toleranz ein Gelten- und Gewährenlassen fremder Weltanschauungen, Überzeugungen, Handlungsweisen und Sitten. Manche verwechseln jedoch das Erdulden und Ertragen mit Akzeptieren (Annehmen) oder gar Respektieren (Rücksicht nehmen) sollen oder müssen, auch da, wo es um Abweichungen von reflektierten Werten, Zielen und Notwendigkeiten geht. Wenn alles richtig ist, auch das glatte Gegenteil, wird Toleranz zur Beliebigkeit. Jeder Wert, jede Überzeugung ist gleichzeitig und zwingender Weise eine Einschränkung von Möglichkeiten.  Ein weit verbreitetes und folgenschweres Missverständnis in der Kommunikation ist, dass wir regelmäßig Zuhören und Zustimmen, Verstehen und Einverstandensein verwechseln.

Wieder Werner Schneyder: „Ein Kind zu erziehen ist leicht. Schwer ist nur, das Ergebnis zu lieben.

Zum (guten?) Schluss, völlig ohne Bezug zum Text, noch zwei meiner Lieblingszitate von Werner Schneyder:

1. Einsamkeit ist Belästigung durch sich selbst.
2. Wir machen immer einen Fehler: Wir investieren Gefühle, statt sie zu verschenken.

Wenn Sie noch aufregenswerte Beispiele, investigative Fragen oder anbetungswürdige Zitate von Werner Schneyder haben – her damit!!!

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